Presse: Übersicht

Walter Albert Heckmann
Bilder und Plastiken in der Galerie Ammergasse Nr. 1


Tübinger Chronik, 06.04.1968

 
„Alkmaar“ hat Walter Albert Heckmann einen Bilderzyklus betitelt. Alkmaar ist die Stadt mit dem größten Käsemarkt in Holland. Heckmann hat Humor. Welcher Künstler wagt es schon, seine Bilder mit Käse in Zusammenhang zu bringen. Heckmann darf es, ohne befürchten zu müssen, dass ihnen damit ein unangenehmer Geruch angehängt wird. Aus dem Zyklus sind zwei Bilder ausgestellt, auf denen man Reihen von gelben Kugeln sieht. Sie sind - mit immer denselben Elementen—leicht und variiert und nehmen die Mitte der Bilder ein. Die Flächen darüber und darunter korrespondieren mit Liniengefügen, die auf dem einen Bild komprimierend, auf dem andern mehr extrahierend wirken.

Feinheiten, kompositorische Spannungen sind dieser primitiven Inhaltsangabe natürlich nicht zu entnehmen. Und vor allem nicht die Kraft der Erfindung, die in den beiden und vielen andern Bildern von Heckmann steckt. Es sind übrigens keine Gouachen im eigentlichen Sinn. Heckmann gebraucht bestimmte Kunststoff-Farben, die er vielfach mit starker Reliefwirkung aufträgt. Man darf mit dem Finger darüber fahren, die taktilen Reize sollen sich mitteilen.

Vieles scheint bei modernen Künstlern rätselhafter, als es ist. Dabei geht ihr Empfinden fast immer von denselben Motiven aus, die auch andere Leute bewegen. Von Gewächsen zum Beispiel. „Ich bin in einer Gärtnerei aufgewachsen“, sagte mir Heckmann bei meinen mäeutischen Bemühungen, hinter seine Motivationen zu kommen. Das war ein klärendes Wort. Überall sieht man Organisches, Wachsendes, Wucherndes, aber eben nicht in natura, abbildlich, sondern umgeschmolzen in eigenwillige Formvorstellungen, die dazu dienen, Malflächen spannungsreich und farbig dezent zu füllen. Der weithin abstrahierte Gegenstand, soweit überhaupt erkennbar, hat im stark rhythmisierten Feld nur dienende Funktion. Fließende Bewegung sichtbar zu machen, ist ein Spezifikum der Heckmannschen Kunst.

Siegfried Bröse, der Präsident des Kunstvereins Freiburg, hatte recht, wenn er in seinem philosophisch fundierten, mit Heideggerschen Termini operierenden Einführungsvortrag die Identität vom Plastischen und Malwerk bei Heckmann konstatierte. Die kleinen und großen Plastiken in der Farbe angelaufenen Silbers transponieren Organisches und phantasievolle manchmal phantastische Ausformungen. Ihre Reize hängen weithin mit dem Formungsprozess zusammen. Heckmann benützt einen Kunststoff, der mit erwärmten Metall, etwa einem Bügeleisen, leicht modellierbar ist. Noch beim Guss mit einer Silumin-Legierung ist die Endform steuerbar. Wie bei vielen modernen Künstlern liefert der Arbeitsprozess selbst entscheidende Impulse für das Produkt.

Die meisten Raumkörper Heckmanns lassen sich aus der fruchtbaren Kugelgestalt ableiten. Zuweilen stehen sie auf dünnen, wurzelhaften Beinen. Im geschlossenen Raum können sie sich nicht recht entfalten. Sie drängen ins Freie, auf Rasen, vor Gebüsch, ins wechselnde Wetter, wo auch Sonne und Regen an der griffig strukturierten Oberfläche herumtasten können.
Einiges zur Diskussion zwischen den vielen Eröffnungsgästen, darunter General Richter, trug am Donnerstagabend in der galerie ammergasse Nr.1 ein Tonfilm bei, der Formhaftes und klangliches mit elektronischer Musik auf gegenseitige Interpretation ansetzte.