Presse: Übersicht
- Malerei mit Widerhaken -

Das Museum zeigt im Akzisehaus Bilder von Walter Heckmann
Neue Osnabrücker Zeitung, 16.08.1977

Im Akzisehaus eröffnete Dr. Manfred Meinz eine Ausstellung des Freiburger Malers Walter Heckmann mit Hinweisen auf ein Werk, in dem es „hinter dem Eindruck glatter, makelloser Schönheit um Angst und Gefährdung des Menschen geht“.
Heckmann, 1929 in Freiburg, geboren, lebt im Westerwald und tritt seit 1963 in regelmäßiger Folge durch Einzelausstellungen in. Kunstvereinen, Galerien und Museen von Freiburg bis Helsingborg, von Montreux bis Melbourne hervor. Die dreißig in Osnabrück ausgestellten Ölbilder weisen ihn als Neo-Surrealisten aus. Wie die Surrealisten, deren Richtung eine Reaktion auf die Sinnlosigkeit des ersten Weltkrieges war, verarbeitet er „literarische“; Impulse aus der Gedankenarbeit von Nicht-Malern zu Signalen der Mahnung an eine von Verödung durch Technisierung bedrohte Welt.

Weite Ebenen, südliche Landschaften, ferne Horizonte, leer wie Bühnen, werden mit Chiffren versetzt, die den Bildzusammenhang aufheben, durchbrechen, in Frage stellen. Nicht selten inszeniert Heckmann seine Arbeiten als Bild im Bild.

Da klebt ein lockendes Touristenplakat über einer Smog-Industrielandschaft. Da wird ein Autofriedhof zur Wüste. Da verläuft eine Menschenspur richtungslos im Sand. Ein Flugzeugabsturz (Verbeugung vor Radziwill) bedroht einen in Panik davonrennenden Mann. In fünfzehn kleinen Bildausschnitten eines „Diariums“ werden Vereinsamung und Verfall beschworen. Ein kaputter Keller unter einer Traumlandschaft weist etwas vordergründig auf. „Untergründiges“ hin. In einem sarkastischen Straßenerlebnisbild schmilzt eine Fahrt zu einem Film der Verkehrszeichen zusammen. Und „Dr. Müllers Erinnerung an Agadir“ ist nichts weiter als ein fades Sex-Erlebnis. Hilfreiche Zuwendung zum Nächsten, konstatiert Heckmann in einem anderen Bild, ist „die Sache“ des Menschen „nicht“.

In vollem Saft stehen in dieser Bilderwelt nur überdimensionale Kürbisse und Melonen; auch sie aber sind von Schmeißfliegen bedroht.

Das ist - immer - gut gemalt und gut gemeint. Das trifft - oft - den Nerv und die bedenklichen Realitäten der Zeit. Hinter der kühl wirkenden Oberfläche steckt aggressive Melancholie. Sie äußert sich nicht zuletzt in Bildtiteln, die kritische Absichten sarkastisch fixieren.
Ungemütlich, aber sehenswert!

M. B.