Presse: Übersicht

- Walter Heckmann -

Einladungstext Graphik-Salon, Gehrhart Söhn, Düsseldorf, 15.10.1992

 

Es kommt nicht allzu oft vor, dass man eine Kunstpräsentation durchwandert und plötzlich mit Erstaunen und sogar Faszination von einer Bilderwand angezogen wird, ohne bereits Details wahrgenommen zu haben, allein mit dem unvermittelten Gefühl: Da hängt etwas, das eingehender betrachtet zu werden verdient. Genau dies war die erste Begegnung mit Arbeiten von Walter Heckmann.

Es waren nicht nur die raffinierten optischen Reize, welche diesen Effekt erzielten, sondern zugleich die Erkenntnis, hier ist ein Maler bester handwerklicher Tradition am Werk; Heute nicht immer Ausgangspunkt und Basis künstlerischer Artikulation, scheint das traditionelle Handwerk des Malens doch schon fast antiquiert und damit suspekt, d. h. nicht zeitgemäß, wo Spontanität, ,Originalität’, Denkmuster, reproduzierende Reflektion und Umwertung von Material in Kunst die Szene bestimmen und beherrschen.

In traditioneller Manier modern sein, das ist die Faszination der Arbeiten von Walter Heckmann, muss doch modern sein nicht unbedingt heißen, traditioneller Mittel und Fertigkeiten zu entsagen. Modern sein heißt sich mit den Problemen der Zeit auseinandersetzen. Und für den Künstler heißt modern sein, diese Probleme zu visualisieren. Das kann auf vielerlei Weise geschehen. Absurd wäre es jedoch, die traditionelle Kunst des Malens und Zeichnens hiervon auszuschließen. Und absurd wäre es, jegliche Gegenständlichkeit im Bilde auszuschließen.

Walter Heckmann ist ein gegenständlicher Maler, was Aller-dings nicht bedeutet, dass er seine Umwelt unreflektiert reproduziert im Sinne klassischer Landschaftsmalerei. Landschaft ist für ihn Inspiration. Und hier nicht die heile Welt’, die Idylle. Es ist die vergewaltigte Landschaft, die durch unsere Zivilisation beeinträchtigte, geschändete Landschaft. Die Landschaft, die zwar noch ihre unendliche Weite und ihre Unendlichkeit sichtbar werden lässt, die uns aber auch immer wieder wehmütig zu erkennen gibt, dass wir sie lieblos und leichtfertig ihrer Vollkommenheit, d. h. ihrer Natürlichkeit berauben und sie uns - nicht immer rücksichtsvoll - dienstbar machen. Es ist aber zugleich auch eine Landschaft, die uns ahnen lässt, dass es hinter der vordergründigen Schändung immer noch ein Dahinter gibt, das uns hoffen lässt.

Dies zu verdeutlichen, hat sich Walter Heckmann ein Bilderarsenal geschaffen, dass er in vielfältiger Weise zu variieren versteht, nicht zuletzt mit der Technik des trompe l’oeil, der Augentäuschung, der Technik des Bildes im Bild, der scheinbaren Beschädigung der Leinwand, des vorgetäuschten Knickens der Bildfläche, des Durchblickes in ein Dahinter und des Schichtens der Malfläche.

Schreckensvisionen mischen sich dabei mit liebenswerten Details. Etwa wenn sich hinter einer brüchigen, morschen Wand ein unendliches Feld weißer Margueriten unter strahlend blauem Himmel auftut; oder hinter mit Zivilisationsmüll verschandelten Dünen die Weite des Meeres sichtbar wird; oder aber versandenden Autowracks ein Schmetterling entgegengesetzt wird.

Walter Heckmann macht uns mit seinen Arbeiten stets von neuem bewusst, dass etwas brüchig ist in unserem Verhältnis unserem Lebensraum. Letztlich aber schimmert immer wieder Hoffnung durch und der Trost, dass es trotz aller Unerquicklichkeiten etwas gibt, dessen wir uns erfreuen können. Das uns dies aber nicht als Idylle zufällt, sondern stets von neuem ein vorheriges Hindurchschreiten erfordert, können wir aus seinen Bildern lesen.

Dass schon die Persönlichkeit des Malers Walter Heckmann diese positive Grundeinstellung ausstrahlt, sollte man nicht unerwähnt lassen.

Gehrhart Söhn