Es
kommt nicht allzu oft vor, dass man eine Kunstpräsentation durchwandert
und plötzlich mit Erstaunen und sogar Faszination von einer Bilderwand
angezogen wird, ohne bereits Details wahrgenommen zu haben, allein mit
dem unvermittelten Gefühl: Da hängt etwas, das eingehender
betrachtet zu werden verdient. Genau dies war die erste Begegnung mit
Arbeiten von Walter Heckmann.
Es waren nicht nur die raffinierten optischen Reize, welche diesen Effekt
erzielten, sondern zugleich die Erkenntnis, hier ist ein Maler bester
handwerklicher Tradition am Werk; Heute nicht immer Ausgangspunkt und
Basis künstlerischer Artikulation, scheint das traditionelle Handwerk
des Malens doch schon fast antiquiert und damit suspekt, d. h. nicht
zeitgemäß, wo Spontanität, ,Originalität’,
Denkmuster, reproduzierende Reflektion und Umwertung von Material in
Kunst die Szene bestimmen und beherrschen.
In traditioneller Manier modern sein, das ist die Faszination der Arbeiten
von Walter Heckmann, muss doch modern sein nicht unbedingt heißen,
traditioneller Mittel und Fertigkeiten zu entsagen. Modern sein heißt
sich mit den Problemen der Zeit auseinandersetzen. Und für den
Künstler heißt modern sein, diese Probleme zu visualisieren.
Das kann auf vielerlei Weise geschehen. Absurd wäre es jedoch,
die traditionelle Kunst des Malens und Zeichnens hiervon auszuschließen.
Und absurd wäre es, jegliche Gegenständlichkeit im Bilde auszuschließen.
Walter Heckmann ist ein gegenständlicher Maler, was Aller-dings
nicht bedeutet, dass er seine Umwelt unreflektiert reproduziert im Sinne
klassischer Landschaftsmalerei. Landschaft ist für ihn Inspiration.
Und hier nicht die heile Welt’, die Idylle. Es ist die vergewaltigte
Landschaft, die durch unsere Zivilisation beeinträchtigte, geschändete
Landschaft. Die Landschaft, die zwar noch ihre unendliche Weite und
ihre Unendlichkeit sichtbar werden lässt, die uns aber auch immer
wieder wehmütig zu erkennen gibt, dass wir sie lieblos und leichtfertig
ihrer Vollkommenheit, d. h. ihrer Natürlichkeit berauben und sie
uns - nicht immer rücksichtsvoll - dienstbar machen. Es ist aber
zugleich auch eine Landschaft, die uns ahnen lässt, dass es hinter
der vordergründigen Schändung immer noch ein Dahinter gibt,
das uns hoffen lässt.
Dies zu verdeutlichen, hat sich Walter Heckmann ein Bilderarsenal geschaffen,
dass er in vielfältiger Weise zu variieren versteht, nicht zuletzt
mit der Technik des trompe l’oeil, der Augentäuschung, der
Technik des Bildes im Bild, der scheinbaren Beschädigung der Leinwand,
des vorgetäuschten Knickens der Bildfläche, des Durchblickes
in ein Dahinter und des Schichtens der Malfläche.
Schreckensvisionen mischen sich dabei mit liebenswerten Details. Etwa
wenn sich hinter einer brüchigen, morschen Wand ein unendliches
Feld weißer Margueriten unter strahlend blauem Himmel auftut;
oder hinter mit Zivilisationsmüll verschandelten Dünen die
Weite des Meeres sichtbar wird; oder aber versandenden Autowracks ein
Schmetterling entgegengesetzt wird.
Walter Heckmann macht uns mit seinen Arbeiten stets von neuem bewusst,
dass etwas brüchig ist in unserem Verhältnis unserem Lebensraum.
Letztlich aber schimmert immer wieder Hoffnung durch und der Trost,
dass es trotz aller Unerquicklichkeiten etwas gibt, dessen wir uns erfreuen
können. Das uns dies aber nicht als Idylle zufällt, sondern
stets von neuem ein vorheriges Hindurchschreiten erfordert, können
wir aus seinen Bildern lesen.
Dass schon die Persönlichkeit des Malers Walter Heckmann diese
positive Grundeinstellung ausstrahlt, sollte man nicht unerwähnt
lassen.
Gehrhart Söhn
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