Presse: Übersicht

Landschaften und viel Zeitgeist in bunten Acrylfarben

Eröffnung der Kunstausstellung mit Bildern von Walter Heckmann
in der Bezirkssparkasse Heppenheim

Südhessische Post, 15.11.1985

Nicht nur der Künstler, sondern auch das Publikum verdient es, dass Werk und Schöpfer einer Ausstellung bei der Vernissage ausgiebig präsentiert werden; Das war nicht immer so, wenn in der Heppenheimer Bezirkssparkasse Bilder an Stellwänden hingen, um den Kunden beim täglichen Geldgeschäft Kunstgenuss gratis zu bieten. Um so angenehmer war der Verlauf des gestrigen abends, der dem in Frankfurt lebenden Walter Heckmann gewidmet war.
Es lag in erster Linie daran, dass Horst Roland die Einführungsrede in das Heckmannsche Werk hielt. Rolands ‚ Worte, neben dem Vorsitzenden der Werbegemeinschaft Jürgen Maurer Mitveranstalter der Ausstellung, zeugten nicht nur von Fachverstand, sondern drückten vor allem in den einführenden Passagen das aus, was den wirklich Kunstverständigen heute bedrückt: der Sieg des Geldes über die Kunst.

Die Zeiten sind vorbei, in denen ein Werk im Atelier reifen und neue Stilrichtungen in Ruhe entstehen konnten. Wer heute von Kunst leben will, der muss die Nase richtig im Wind haben, muss die Drähte erkennen, die zum großen Markt führen, und vor allem wissen, was gerade „in“ ist. Kunst als Mode wie ein neues Kleid - so weit ist es gekommen. Dass sich Walter Heckmann von jenen „Künstlern“ unterscheidet die ihre Werke dem Trend entsprechend ausrichten, ist die Meinung Horst Rolands. Als er dies sagte, verzog sich das Gesicht des Künstlers zu einem breiten Schmunzeln. Er hat den Durchbruch in internationale Kreise längst geschafft, stellt an mehreren Orten, unter anderem in Düsseldorf, gleichzeitig aus, so dass in der Heppenheimer Ausstellung nur neun Originale zu sehen sind. „Ich muss dosieren“, gesteht jener Künstler, der ach die Dosierung der Acrylfarbe vortrefflich versteht.

Heckmanns Bilder sind für jeden verständlich, aber jeder versteht bei ein und demselben Bild etwas anderes. Wer Genuss an Landschaftsmotiven hat, dürfte beim Betrachten der Bilder in der Schalterhalle der Sparkasse genauso zustimmend mit dem Kopf nicken wie kritische Zeitgenossen, die in nahezu jedem Werk ein manchmal offenkundiges, manchmal erst beim zweiten Blick ersichtliches Zusatzthema entdecken.

Man mag Horst Roland recht geben, wenn er von der Natur redet, die bei Heckmann die Spuren des Menschen trägt, auch wenn der Mensch darin selbst nicht erscheint. Daraus zu folgern, dass Heckmann die Zerstörung der Natur durch den Menschen verdeutlichen will, bleibt dahingestellt. Es ist dem spontanen, lockeren und humorvollen Künstler durchaus zuzutrauen, dass er einfach nur Spaß daran hat, menschliche Symbole in einen anderen Bildzusammenhang und dadurch Gedankengänge in Gang zu bringen. Heckmann ist auf jeden Fall keiner, der die Ruhe und Geborgenheit eines abgeschiedenen Hauses braucht, um zu malen. Sein Atelier liegt mitten in Frankfurt. Und er sucht den Trubel der Großstadt: „Die Leute sind so interessant. Zum Beispiel wissen sie alles über Theater, Ausstellungen und Konzerte, aber das Wissen kommt nur von den Plakatwänden. Faßbinders Theaterstück ist in aller Munde, aber ich habe noch keinen getroffen, der das Stück wirklich gelesen hat.“

Walter Heckmann hat nicht gerade erst gestern Bekanntschaft mit der Sparkasse gemacht. Vor sechs Jahren und 1980 waren zwei seiner Plakate Werbeträger für das Kreditinstitut, indem sie auf den Weltspartag aufmerksam machten. Die beiden Blätter sind in Hessen zum erstenmal zu sehen, wurden auf der Plakat-Biennale in Warschau hoch dekoriert und in den erlauchten Kreis der 17 besten der Welt aufgenommen. Im Schalterraum ging es auch nach Direktor Willi Vogels Begrüßung und Horst Rolands Ansprache recht munter zu. Ein Video-Film, der schon einmal im Fernsehen zu sehen war, zeigte den Künstler bei der Arbeit im Atelier: Die Vernissage-Gäste, darunter auch Heppenheims Maler Hans Kohl und andere bekannte Künstler, nahmen das Angebot an; Walter Heckmann übrigens auch, denn er selbst hatte den Film noch gar nicht gesehen, wie er mit einem kurzen Lachen zu verstehen gab.

Jürgen Drawitsch