Nicht nur der Künstler, sondern auch das Publikum verdient es,
dass Werk und Schöpfer einer Ausstellung bei der Vernissage ausgiebig
präsentiert werden; Das war nicht immer so, wenn in der Heppenheimer
Bezirkssparkasse Bilder an Stellwänden hingen, um den Kunden beim
täglichen Geldgeschäft Kunstgenuss gratis zu bieten. Um so
angenehmer war der Verlauf des gestrigen abends, der dem in Frankfurt
lebenden Walter Heckmann gewidmet war.
Es lag in erster Linie daran, dass Horst Roland die Einführungsrede
in das Heckmannsche Werk hielt. Rolands ‚ Worte, neben dem Vorsitzenden
der Werbegemeinschaft Jürgen Maurer Mitveranstalter der Ausstellung,
zeugten nicht nur von Fachverstand, sondern drückten vor allem
in den einführenden Passagen das aus, was den wirklich Kunstverständigen
heute bedrückt: der Sieg des Geldes über die Kunst.
Die Zeiten sind vorbei, in denen ein Werk im Atelier reifen und neue
Stilrichtungen in Ruhe entstehen konnten. Wer heute von Kunst leben
will, der muss die Nase richtig im Wind haben, muss die Drähte
erkennen, die zum großen Markt führen, und vor allem wissen,
was gerade „in“ ist. Kunst als Mode wie ein neues Kleid
- so weit ist es gekommen. Dass sich Walter Heckmann von jenen „Künstlern“
unterscheidet die ihre Werke dem Trend entsprechend ausrichten, ist
die Meinung Horst Rolands. Als er dies sagte, verzog sich das Gesicht
des Künstlers zu einem breiten Schmunzeln. Er hat den Durchbruch
in internationale Kreise längst geschafft, stellt an mehreren Orten,
unter anderem in Düsseldorf, gleichzeitig aus, so dass in der Heppenheimer
Ausstellung nur neun Originale zu sehen sind. „Ich muss dosieren“,
gesteht jener Künstler, der ach die Dosierung der Acrylfarbe vortrefflich
versteht.
Heckmanns Bilder sind für jeden verständlich, aber jeder versteht
bei ein und demselben Bild etwas anderes. Wer Genuss an Landschaftsmotiven
hat, dürfte beim Betrachten der Bilder in der Schalterhalle der
Sparkasse genauso zustimmend mit dem Kopf nicken wie kritische Zeitgenossen,
die in nahezu jedem Werk ein manchmal offenkundiges, manchmal erst beim
zweiten Blick ersichtliches Zusatzthema entdecken.
Man mag Horst Roland recht geben, wenn er von der Natur redet, die bei
Heckmann die Spuren des Menschen trägt, auch wenn der Mensch darin
selbst nicht erscheint. Daraus zu folgern, dass Heckmann die Zerstörung
der Natur durch den Menschen verdeutlichen will, bleibt dahingestellt.
Es ist dem spontanen, lockeren und humorvollen Künstler durchaus
zuzutrauen, dass er einfach nur Spaß daran hat, menschliche Symbole
in einen anderen Bildzusammenhang und dadurch Gedankengänge in
Gang zu bringen. Heckmann ist auf jeden Fall keiner, der die Ruhe und
Geborgenheit eines abgeschiedenen Hauses braucht, um zu malen. Sein
Atelier liegt mitten in Frankfurt. Und er sucht den Trubel der Großstadt:
„Die Leute sind so interessant. Zum Beispiel wissen sie alles
über Theater, Ausstellungen und Konzerte, aber das Wissen kommt
nur von den Plakatwänden. Faßbinders Theaterstück ist
in aller Munde, aber ich habe noch keinen getroffen, der das Stück
wirklich gelesen hat.“
Walter
Heckmann hat nicht gerade erst gestern Bekanntschaft mit der Sparkasse
gemacht. Vor sechs Jahren und 1980 waren zwei seiner Plakate Werbeträger
für das Kreditinstitut, indem sie auf den Weltspartag aufmerksam
machten. Die beiden Blätter sind in Hessen zum erstenmal zu sehen,
wurden auf der Plakat-Biennale in Warschau hoch dekoriert und in den
erlauchten Kreis der 17 besten der Welt aufgenommen. Im Schalterraum
ging es auch nach Direktor Willi Vogels Begrüßung und Horst
Rolands Ansprache recht munter zu. Ein Video-Film, der schon einmal
im Fernsehen zu sehen war, zeigte den Künstler bei der Arbeit im
Atelier: Die Vernissage-Gäste, darunter auch Heppenheims Maler
Hans Kohl und andere bekannte Künstler, nahmen das Angebot an;
Walter Heckmann übrigens auch, denn er selbst hatte den Film noch
gar nicht gesehen, wie er mit einem kurzen Lachen zu verstehen gab.
Jürgen
Drawitsch |